MidReal Geschichte

Die Ninja-Prinzessin

Szenario:Kapitel 1: Elia Elia saß am Fenster und beobachtete die Regentropfen, die wie kleine Rennfahrer um die Wette an der Scheibe hinunterliefen. Mit seinem Finger verfolgte er den Weg eines besonders dicken Tropfens. „Du gewinnst“, flüsterte er, als der Tropfen als erster unten ankam. Elia war sieben Jahre alt, hatte blonde Haare, die ihm manchmal in die strahlend blauen Augen fielen, und eine ruhige Art, die Erwachsene oft überraschte. „Elia, kommst du? Wir müssen los zur Schule!“, rief Mama aus der Küche. Es war Montag, und am Freitag würde er wieder zu Papa wechseln. Seine Eltern wohnten nicht mehr zusammen, und Elia pendelte jede Woche zwischen zwei Zuhauses. Das war manchmal anstrengend, aber er hatte sich daran gewöhnt. Beide Wohnungen hatten ein gemütliches Zimmer für ihn, mit Büchern und seinen Lieblingsbildern an der Wand. „Ich komme!“, antwortete Elia und nahm seinen Schulranzen. Er hatte alles sorgfältig eingepackt – sein Mäppchen, den Sportbeutel und sein Ninja-Heftchen, in das er in den Pausen manchmal Geschichten malte. Echte Ninjas brauchten keine Worte, dachte Elia, sie konnten Geschichten auch ohne Buchstaben erzählen. Das war praktisch, denn das Lesen fiel ihm noch schwer. Aber Frau Albatros hatte gesagt, dass das normal sei und dass jedes Kind sein eigenes Tempo habe. In der Schule angekommen, hing Elia seine Jacke an den Haken mit seinem Namen. Die ersten Wochen waren nicht leicht gewesen. Er hatte hohe Ansprüche an sich selbst und war enttäuscht, wenn etwas nicht auf Anhieb klappte. Außerdem hatte er erlebt, dass nicht alle Kinder, die nett taten, auch wirklich Freunde waren. Das hatte ihn traurig gemacht. „Guten Morgen, Elia“, sagte Frau Albatros, seine Klassenlehrerin, mit einem warmen Lächeln. „Bist du bereit für die Montagsrunde?“ Elia nickte. In der Montagsrunde erzählten alle Kinder, was sie am Wochenende erlebt hatten. Elia überlegte sich immer genau, was er sagen wollte. Er konnte gut mit Worten umgehen und benutzte manchmal Ausdrücke, die seine Lehrerin zum Schmunzeln brachten, weil sie so „erwachsen“ klangen. Die Kinder saßen im Kreis auf dem bunten Teppich, als Elia leise den Raum betrat. Seine Augen wanderten durch den Kreis und blieben plötzlich an einem Mädchen mit kurzen braunen Haaren hängen. Lina. Sie war von Anfang an in seiner Klasse gewesen, seit der Einschulung vor einigen Monaten. Elia hatte sie zu seiner Geburtstagsfeier eingeladen, weil er sie besonders mochte. Lina hatte ihm ein Buch über Superhelden geschenkt und wusste sogar, wer sein Lieblingsheld war. „Elia, möchtest du uns erzählen, was du am Wochenende gemacht hast?“, fragte Frau Albatros. „Ich war bei meiner Mama“, begann Elia. „Wir haben einen Kuchen gebacken und ich durfte drei Hörspiele hören.“ Er machte eine kleine Pause. „Und ich habe über Superkräfte nachgedacht. Ich glaube, meine Superkraft ist, dass ich gut zuhören kann.“ Ein paar Kinder kicherten, aber Lina lächelte ihn an. „Das ist wirklich eine tolle Superkraft“, sagte sie. Und da spürte Elia zum ersten Mal dieses seltsame Kribbeln in seinem Bauch. Als hätte jemand einen Schwarm winziger Schmetterlinge dort hineingesetzt. Es war ein komisches, aber irgendwie schönes Gefühl. Er schaute schnell auf seine Hände und hoffte, dass niemand sein plötzliches Rotwerden bemerkte. Die Schulglocke läutete den Unterrichtsbeginn ein, und während die anderen Kinder zu ihren Plätzen liefen, blieb Elia noch einen Moment sitzen. Etwas hatte sich verändert, aber er konnte noch nicht genau sagen, was es war. Kapitel 2: Die aufkeimenden Gefühle Seit jenem Montagmorgen blickte Elia oft zu Lina hinüber. Sie saß zwei Tische von ihm entfernt, und wenn die Sonnenstrahlen durchs Fenster fielen, glitzerten ihre kurzen braunen Haare wie ein Schatz. Manchmal, wenn er zu lange schaute, bemerkte sie es und lächelte zurück. Dann flatterten die Schmetterlinge in seinem Bauch wieder los. „Elia, magst du mir helfen, die Hefte zu verteilen?“, fragte Frau Albatros eines Tages. Elia nickte eifrig. Er mochte es, seiner Lehrerin zu helfen, und außerdem würde er dann auch an Linas Tisch vorbeikommen. Als er ihr Heft auf ihren Tisch legte, sah sie zu ihm auf. „Danke, Elia. Ich habe übrigens noch das Ninja-Buch, das du mir gezeigt hast. Es ist wirklich cool.“ Elia wurde warm ums Herz. Bei seiner Geburtstagsfeier vor drei Wochen hatte er Lina sein Lieblings-Ninjabuch gezeigt. Es war eine ganz besondere Feier gewesen. Mama hatte das Wohnzimmer mit schwarzen und roten Tüchern geschmückt. Überall hingen Ninja-Sterne aus goldenem Papier, und in der Ecke stand eine selbstgebaute „Trainingsarena“ aus Kissen und Decken. „Ein echter Ninja-Geburtstag für meinen Ninja-Meister!“, hatte Mama gesagt und Elia durch die Luft gewirbelt. Es war ein kleiner Geburtstag gewesen – nur Lina und Franz waren eingeladen. Franz war der Sohn von Monica, Papas neuer Freundin. Elia mochte Franz sehr. Er war ein Jahr älter, konnte schon lesen und hatte Elia beigebracht, wie man den perfekten Popo-Tanz macht. Papa war auch zur Feier gekommen und hatte eine riesige Ninja-Figur aus Pappe mitgebracht, die jetzt in Elias Zimmer stand. Als Lina mit ihrem Geschenk gekommen war, hatte Elia vor Aufregung kaum sprechen können. „Das ist für dich“, hatte sie gesagt und ihm ein Paket in Superhelden-Papier überreicht. Darin war ein Buch über seinen Lieblingshelden gewesen – genau das, was er sich gewünscht hatte. „Woher wusstest du das?“, hatte er gefragt, und seine Stimme klang ein bisschen höher als sonst. Lina hatte gelacht. „Du hast in der Pause immer von ihm erzählt, und dein Brotdosenaufkleber ist auch von ihm.“ Elia war beeindruckt gewesen. Lina hatte zugehört und sich gemerkt, was er mochte. Sie hatten den ganzen Nachmittag Ninja-Training gespielt. Mama hatte kleine Aufgaben vorbereitet: über Schnüre springen, ohne sie zu berühren, mit verbundenen Augen Gegenstände ertasten und Ninja-Sterne (aus Papier natürlich) auf Zielscheiben werfen. „Ninja-Meister müssen auch gut zuhören können“, hatte Mama beim Abendessen gesagt. „Genau wie du, Elia.“ Lina hatte genickt. „Das ist Elias Superkraft.“ Und da war es wieder gewesen – dieses Kribbeln im Bauch. „Elia? Träumst du?“ Frau Albatros‘ Stimme holte ihn zurück in die Gegenwart. „Entschuldigung“, murmelte er und verteilte schnell die restlichen Hefte. In der Pause saß Elia auf der Bank am Klettergerüst. Er kaute an seinem Apfel und beobachtete, wie Lina mit anderen Mädchen Seilspringen spielte. Sie konnte schon zehn Sprünge hintereinander machen, ohne zu stolpern. „Kann ich mich zu dir setzen?“, fragte plötzlich eine Stimme neben ihm. Es war Tim, sein bester Freund aus der Nachbarklasse. „Klar“, sagte Elia und rutschte zur Seite. Tim biss in sein Käsebrot und kaute nachdenklich. „Du schaust schon wieder zu Lina“, stellte er fest. Elia spürte, wie seine Wangen heiß wurden. „Nein, ich… ich schaue nur zum Klettergerüst.“ Tim grinste. „Ist schon okay. Ich finde Sophia aus meiner Klasse auch toll.“ „Wirklich?“ „Ja, aber ich trau mich nicht, mit ihr zu reden.“ Tim zuckte mit den Schultern. „Das ist schwierig.“ Elia nickte. Er verstand das gut. Obwohl er mit Lina auf seinem Geburtstag gespielt hatte und sie manchmal in der Klasse miteinander redeten, fühlte er sich trotzdem immer ein bisschen durcheinander, wenn sie in der Nähe war. Als hätte sein Kopf plötzlich vergessen, wie man normal spricht. „Weißt du“, sagte Tim und wickelte die Folie um sein Brot, „mein Papa sagt, dass man sich manchmal komisch fühlt, wenn man jemanden besonders gern hat. Das ist normal.“ „Hast du auch Schmetterlinge im Bauch?“, fragte Elia leise. „Schmetterlinge?“ „Ja, so ein Kribbeln, hier.“ Elia zeigte auf seinen Bauch. Tim überlegte. „Ich glaube schon. Es fühlt sich an, als ob man aufgeregt ist, obwohl gar nichts Aufregendes passiert, oder?“ Elia nickte heftig. Genau so war es. Die Pausenglocke läutete, und Tim stand auf. „Wir sehen uns morgen beim Fußball?“ Elia winkte ihm nach und dachte über ihre Unterhaltung nach. Es war beruhigend zu wissen, dass Tim ähnliche Gefühle hatte. Vielleicht war es doch nicht so seltsam. Als er zurück ins Klassenzimmer ging, entdeckte er etwas auf seinem Tisch: eine kleine Zeichnung. Darauf war ein Ninja zu sehen, der einen Stern in der Hand hielt. Daneben stand ein Mädchen mit kurzen Haaren. Elia erkannte sofort, dass es Lina war, die das gemalt hatte. Die Schmetterlinge in seinem Bauch begannen zu tanzen, und zum ersten Mal dachte Elia: „Ich glaube, ich bin in Lina verliebt.“ Er faltete die Zeichnung sorgfältig zusammen und steckte sie in seine Hosentasche, wie einen kostbaren Schatz. Dann ging er zu Lina hinüber. „Danke für die Zeichnung“, sagte er schüchtern. „Spielst du heute Mittag mit mir im Hort? Wir könnten Ninjas spielen.“ Lina lächelte. „Ja, gerne. Ich bin die Ninja-Prinzessin und du bist der Ninja-Meister.“ Während er zu seinem Platz zurückging, überlegte er, was das wohl bedeutete – verliebt zu sein. Es fühlte sich schön an, aber auch ein bisschen gruselig. Wie wenn man auf dem höchsten Punkt der Schaukel ist – man schwebt für einen Moment, bevor es wieder nach unten geht. Aufregend und ein bisschen unheimlich zugleich. Am Freitag würde er zu Papa fahren und Franz wiedersehen. Vielleicht konnte Franz ihm mehr über dieses seltsame Gefühl erzählen. Und vielleicht würde Franz ihm noch mehr tolle Tänze beibringen. Kapitel 3: Der Mut wächst Elia lag auf seinem Bett und starrte an die Decke. Über ihm klebten leuchtende Sterne, die Papa ihm zum letzten Geburtstag geschenkt hatte. Im Dunkeln würden sie später grün leuchten. Elia seufzte. Seit zwei Wochen spielte er fast jeden Tag mit Lina im Hort. Sie waren abwechselnd Ninja-Meister und Ninja-Prinzessin, kletterten über die Spielgeräte und retteten die Welt vor unsichtbaren Bösewichten. Lina war viel mutiger als er. Sie sprang von der höchsten Stufe des Klettergerüsts und konnte schneller rennen als die meisten Jungen. „Ich glaube, ich mag Lina wirklich sehr“, flüsterte Elia zu seinem Lieblingskuscheltier, einem etwas abgenutzten Plüschbären namens Bruno. Bruno schaute ihn mit seinen Knopfaugen an, als würde er verstehen. „Aber wie sagt man jemandem, dass man ihn gern hat? Was ist, wenn sie dann nicht mehr meine Freundin sein will?“ Die Gedanken in seinem Kopf drehten sich wie ein Karussell. Morgen würde er zu Papa und Monica fahren und dort das Wochenende verbringen. Franz würde auch da sein. Vielleicht konnte Franz ihm einen Rat geben? Immerhin war er schon sieben und ging in die zweite Klasse. Mama klopfte an die Tür. „Elia? Magst du zum Abendessen kommen? Es gibt Nudeln mit deiner Lieblingssoße.“ „Ich komme!“, rief Elia und legte Bruno vorsichtig auf sein Kissen. „Wünsch mir Glück für morgen“, flüsterte er dem Bären zu. „Papa! Franz!“ Elia rannte die Treppe zu Papas Wohnung hinauf, den Rucksack auf dem Rücken hüpfend. Papa stand in der Tür und breitete seine Arme aus. „Da ist ja mein kleiner Ninja!“ Er wirbelte Elia durch die Luft, bis ihm schwindelig wurde. In der Wohnung duftete es nach frisch gebackenen Keksen. Monica kam aus der Küche und umarmte Elia. „Schön, dass du da bist. Franz wartet schon auf dich.“ Franz saß im Wohnzimmer und baute eine riesige Ritterburg aus Lego. Als er Elia sah, sprang er auf. „Endlich bist du da! Ich habe neue Ninja-Figuren bekommen. Willst du sie sehen?“ Elia nickte begeistert. Die beiden Jungen verschwanden in Franz‘ Zimmer, und bald waren sie in eine wilde Ninja-Schlacht vertieft. Erst beim Abendessen, als Papa und Monica einen Film schauten und die Jungen in Franz‘ Zimmer spielten, traute sich Elia zu fragen. „Franz?“, begann er zögerlich und drehte eine Ninja-Figur in seinen Händen. „Ja?“ „Weißt du… wie man jemandem sagt, dass man ihn besonders gern hat?“ Franz legte den Baustein weg, den er gerade in der Hand hielt. „Meinst du, wie man jemanden fragt, ob er mit einem befreundet sein will?“ Elia schüttelte den Kopf. „Nein, mehr so… wenn man jemanden sehr, sehr gern hat. So wie Mama und Papa sich früher gern hatten.“ „Oooh“, machte Franz und grinste breit. „Du bist verliebt!“ Elia spürte, wie seine Wangen heiß wurden. Er nickte kaum merklich. „Ist es Lina?“, fragte Franz. Elias Augen wurden groß. „Woher weißt du das?“ Franz zuckte mit den Schultern. „Du hast auf deinem Geburtstag die ganze Zeit mit ihr gespielt und sie immer angeschaut.“ Elia seufzte. „Ja, es ist Lina. Ich… ich mag ihre Haare und wie sie lacht. Und sie ist so mutig. Aber ich weiß nicht, wie ich ihr das sagen soll.“ Franz rutschte näher zu ihm. „Also, meine Mama sagt immer, dass ehrlich sein am besten ist. Du könntest ihr einfach sagen, dass du sie magst.“ Elia schüttelte heftig den Kopf. „Das ist zu schwer! Was ist, wenn sie dann nicht mehr mit mir spielen will?“ Franz überlegte einen Moment. „Dann mach ihr etwas Besonderes. Ein Geschenk oder so.“ „Ein Geschenk…“ Elia dachte nach. Was könnte er Lina schenken? „Oder zeig ihr etwas, was du besonders gut kannst“, schlug Franz vor. „Letztes Jahr hat ein Junge aus meiner Klasse einem Mädchen gezeigt, wie man einen Handstand macht. Das fand sie cool.“ Elia runzelte die Stirn. „Ich kann keinen Handstand.“ „Aber du kannst andere Sachen“, sagte Franz. „Du kannst gut zeichnen. Oder…“, sein Gesicht hellte sich auf, „wir könnten dir den Super-Popo-Tanz beibringen!“ „Den was?“ „Den Super-Popo-Tanz! Das ist noch besser als der normale Popo-Tanz. Damit bringst du alle zum Lachen.“ Franz sprang auf und begann, wild mit seinem Hintern zu wackeln, während er seine Arme wie Windmühlenflügel kreisen ließ. Elia lachte so laut, dass Papa an die Tür klopfte, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Als sie später im Bett lagen – Elia auf einer Matratze neben Franz‘ Bett – flüsterte Franz im Dunkeln: „Weißt du was? Du solltest Lina einfach fragen, ob sie deine Freundin sein will. Meine Mama sagt, manchmal muss man mutig sein, auch wenn man Angst hat.“ „Und wenn sie Nein sagt?“, fragte Elia leise. Franz war einen Moment still. „Dann bist du trotzdem mutig gewesen. Und das ist eine Ninja-Superkraft.“ Mit diesem Gedanken schlief Elia ein. In seinen Träumen rettete er als mutiger Ninja-Meister eine Prinzessin mit kurzen braunen Haaren. Kapitel 4: Der große Moment Elia saß auf seinem Platz und spürte, wie sein Herz schneller schlug. Die Mappe mit seiner Zeichnung lag auf seinem Schoß, sorgfältig zwischen seinen Händen gehalten. Heute war der Tag. Heute würde er Lina sagen, was er für sie fühlte. Er hatte sich alles genau überlegt. In der Pause, wenn alle draußen spielten, würde er sie zur Seite nehmen und ihr das Bild mit dem kleinen Brief geben. Es war ein schöner Plan – zumindest in seinem Kopf. Aber jetzt, da der Moment näher rückte, fühlte sich sein Bauch an, als wäre er ein Luftballon, der viel zu prall aufgepumpt war. Die Minuten krochen dahin. Dann läutete es zur Pause. Elia nahm einen tiefen Atemzug und stand langsam auf. „Alles okay?“ Tim schaute ihn fragend an. Elia nickte, obwohl es nicht ganz stimmte. „Ich muss noch was erledigen.“ Er hielt die Mappe fest in den Händen, als er durch das Klassenzimmer ging. Lina stand beim Fenster, lachte mit zwei anderen Mädchen. Ihr Lachen war wie kleine Glocken, die in der Luft klingelten. *Jetzt oder nie.* Elia schluckte und ging auf sie zu. „Lina? Kann ich kurz mit dir reden?“ Lina schaute ihn überrascht an. „Klar.“ Die anderen Mädchen grinsten und liefen kichernd weg. Elia spürte, wie sein Gesicht warm wurde. „Ähm… Hier.“ Er hielt ihr die Mappe hin. „Das ist für dich.“ Lina nahm sie vorsichtig und öffnete sie. Ihr Blick wanderte über die Zeichnung – den Ninja-Meister und die Ninja-Prinzessin, den Regenbogen, die vielen Sterne. Dann las sie den kleinen Brief. Elia konnte sehen, wie ihre Augen von Wort zu Wort glitten. Sein Herz hämmerte so laut, dass er fürchtete, sie könnte es hören. Lina schwieg einen Moment. Dann hob sie den Kopf. „Oh… Elia. Das ist wirklich schön.“ Sie lächelte, aber es war nicht das strahlende Lächeln, das er sich erhofft hatte. Es war ein freundliches, aber unsicheres Lächeln. Elia fühlte, wie sein Magen einen Knoten machte. „Aber…“ Lina drehte das Papier langsam in ihren Händen. „Ich mag dich sehr, Elia. Wirklich. Aber… ich glaube, ich bin in Linus verliebt.“ *Bumm.* Es fühlte sich an, als hätte jemand einen schweren Stein in seinen Bauch gelegt. Die Schmetterlinge, die sonst immer wild herumflatterten, waren auf einen Schlag verschwunden. „Oh.“ Mehr brachte er nicht heraus. Lina schaute ihn an, als wollte sie etwas Tröstendes sagen, aber sie schwieg. „Ich… ähm… ich muss kurz weg.“ Bevor sie noch etwas sagen konnte, drehte er sich um und lief los. Seine Füße trugen ihn weg von der Schule, weg von Lina, weg von allem. Er wusste nicht genau, wohin – er wusste nur, dass er nicht wollte, dass jemand sah, wie seine Augen plötzlich brannten. Er versteckte sich hinter dem Klettergerüst und ließ sich auf den Boden sinken. Sein Herz schlug immer noch schnell, aber es fühlte sich schwer an. *Also so fühlte es sich an, wenn man traurig verliebt war.* Er zog die Knie an und legte seinen Kopf darauf. Der Wind strich sanft über sein Haar, aber das half nicht. Nichts half gerade. *Und jetzt?* Er wusste es nicht. Aber eins war sicher: Das hier tat weh. Kapitel 5: Die Traurigkeit Elia saß hinter dem Klettergerüst und starrte auf seine Schuhe. Der Knoten in seinem Bauch wurde nicht kleiner, eher größer. Sein Herz pochte immer noch schnell, aber nicht vor Aufregung – sondern weil es sich anfühlte, als wäre etwas Schweres darauf gefallen. Er versuchte, nicht zu weinen. Siebenjährige weinen doch nicht wegen sowas, oder? Aber warum fühlte es sich dann an, als würde ein ganzer Ozean in ihm wogen? In der Ferne hörte er Kinder lachen und rufen. Irgendwo plätscherte der Springbrunnen auf dem Schulhof. Alles war wie immer. Nur für ihn nicht. „Da bist du ja.“ Elia zuckte zusammen. Tim stand vor ihm und sah ihn fragend an. „Ich hab dich gesucht“, sagte er und setzte sich neben ihn. „Was ist los?“ Elia schüttelte den Kopf. „Nichts.“ Tim zog die Augenbrauen hoch. „Na klar. Du sitzt hier allein und guckst, als hättest du einen sauren Apfel gegessen.“ Elia seufzte. Sollte er es ihm sagen? Es fühlte sich komisch an, darüber zu reden. Und trotzdem – vielleicht würde es helfen? „Ich hab Lina gesagt, dass ich sie mag“, murmelte er schließlich. Tim riss die Augen auf. „Und? Was hat sie gesagt?“ Elia zuckte mit den Schultern. „Dass sie in Linus verliebt ist.“ Tim machte ein Geräusch, als hätte er sich auf die Zunge gebissen. „Autsch.“ Elia nickte. Ja, genau so fühlte es sich an. Sie schwiegen eine Weile. Die Pause neigte sich dem Ende zu, doch Elia wollte nicht zurück ins Klassenzimmer. Nicht jetzt. „Weißt du“, sagte Tim plötzlich, „Sophia mag mich auch nicht so, wie ich sie mag.“ Elia drehte den Kopf. „Echt?“ Tim nickte. „Ich hab ihr vor ein paar Wochen einen coolen Radiergummi geschenkt. Mit einem Fußball drauf. Und sie hat gesagt: Danke, Tim. Aber dann hat sie einfach weiter mit den anderen Mädchen gespielt.“ „Hat das auch wehgetan?“ Tim dachte nach. „Ja. Aber nur ein bisschen. Dann ging’s wieder.“ Elia seufzte. „Bei mir fühlt es sich an, als hätte ich einen Stein im Bauch.“ Tim kratzte sich am Kopf. „Vielleicht musst du warten, bis der Stein kleiner wird.“ Elia schwieg. *Warten*. Ob das wirklich half? Die Pausenglocke läutete, und Tim stand auf. „Kommst du?“ Elia wollte eigentlich Nein sagen. Aber dann dachte er an Frau Albatros, die sicher gleich fragen würde, wo er geblieben war. A
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Kapitel 1: Elia Elia saß am Fenster und beobachtete die Regentropfen, die wie kleine Rennfahrer um die Wette an der Scheibe hinunterliefen. Mit seinem Finger verfolgte er den Weg eines besonders dicken Tropfens. „Du gewinnst“, flüsterte er, als der Tropfen als erster unten ankam. Elia war sieben Jahre alt, hatte blonde Haare, die ihm manchmal in die strahlend blauen Augen fielen, und eine ruhige Art, die Erwachsene oft überraschte. „Elia, kommst du? Wir müssen los zur Schule!“, rief Mama aus der Küche. Es war Montag, und am Freitag würde er wieder zu Papa wechseln. Seine Eltern wohnten nicht mehr zusammen, und Elia pendelte jede Woche zwischen zwei Zuhauses. Das war manchmal anstrengend, aber er hatte sich daran gewöhnt. Beide Wohnungen hatten ein gemütliches Zimmer für ihn, mit Büchern und seinen Lieblingsbildern an der Wand. „Ich komme!“, antwortete Elia und nahm seinen Schulranzen. Er hatte alles sorgfältig eingepackt – sein Mäppchen, den Sportbeutel und sein Ninja-Heftchen, in das er in den Pausen manchmal Geschichten malte. Echte Ninjas brauchten keine Worte, dachte Elia, sie konnten Geschichten auch ohne Buchstaben erzählen. Das war praktisch, denn das Lesen fiel ihm noch schwer. Aber Frau Albatros hatte gesagt, dass das normal sei und dass jedes Kind sein eigenes Tempo habe. In der Schule angekommen, hing Elia seine Jacke an den Haken mit seinem Namen. Die ersten Wochen waren nicht leicht gewesen. Er hatte hohe Ansprüche an sich selbst und war enttäuscht, wenn etwas nicht auf Anhieb klappte. Außerdem hatte er erlebt, dass nicht alle Kinder, die nett taten, auch wirklich Freunde waren. Das hatte ihn traurig gemacht. „Guten Morgen, Elia“, sagte Frau Albatros, seine Klassenlehrerin, mit einem warmen Lächeln. „Bist du bereit für die Montagsrunde?“ Elia nickte. In der Montagsrunde erzählten alle Kinder, was sie am Wochenende erlebt hatten. Elia überlegte sich immer genau, was er sagen wollte. Er konnte gut mit Worten umgehen und benutzte manchmal Ausdrücke, die seine Lehrerin zum Schmunzeln brachten, weil sie so „erwachsen“ klangen. Die Kinder saßen im Kreis auf dem bunten Teppich, als Elia leise den Raum betrat. Seine Augen wanderten durch den Kreis und blieben plötzlich an einem Mädchen mit kurzen braunen Haaren hängen. Lina. Sie war von Anfang an in seiner Klasse gewesen, seit der Einschulung vor einigen Monaten. Elia hatte sie zu seiner Geburtstagsfeier eingeladen, weil er sie besonders mochte. Lina hatte ihm ein Buch über Superhelden geschenkt und wusste sogar, wer sein Lieblingsheld war. „Elia, möchtest du uns erzählen, was du am Wochenende gemacht hast?“, fragte Frau Albatros. „Ich war bei meiner Mama“, begann Elia. „Wir haben einen Kuchen gebacken und ich durfte drei Hörspiele hören.“ Er machte eine kleine Pause. „Und ich habe über Superkräfte nachgedacht. Ich glaube, meine Superkraft ist, dass ich gut zuhören kann.“ Ein paar Kinder kicherten, aber Lina lächelte ihn an. „Das ist wirklich eine tolle Superkraft“, sagte sie. Und da spürte Elia zum ersten Mal dieses seltsame Kribbeln in seinem Bauch. Als hätte jemand einen Schwarm winziger Schmetterlinge dort hineingesetzt. Es war ein komisches, aber irgendwie schönes Gefühl. Er schaute schnell auf seine Hände und hoffte, dass niemand sein plötzliches Rotwerden bemerkte. Die Schulglocke läutete den Unterrichtsbeginn ein, und während die anderen Kinder zu ihren Plätzen liefen, blieb Elia noch einen Moment sitzen. Etwas hatte sich verändert, aber er konnte noch nicht genau sagen, was es war. Kapitel 2: Die aufkeimenden Gefühle Seit jenem Montagmorgen blickte Elia oft zu Lina hinüber. Sie saß zwei Tische von ihm entfernt, und wenn die Sonnenstrahlen durchs Fenster fielen, glitzerten ihre kurzen braunen Haare wie ein Schatz. Manchmal, wenn er zu lange schaute, bemerkte sie es und lächelte zurück. Dann flatterten die Schmetterlinge in seinem Bauch wieder los. „Elia, magst du mir helfen, die Hefte zu verteilen?“, fragte Frau Albatros eines Tages. Elia nickte eifrig. Er mochte es, seiner Lehrerin zu helfen, und außerdem würde er dann auch an Linas Tisch vorbeikommen. Als er ihr Heft auf ihren Tisch legte, sah sie zu ihm auf. „Danke, Elia. Ich habe übrigens noch das Ninja-Buch, das du mir gezeigt hast. Es ist wirklich cool.“ Elia wurde warm ums Herz. Bei seiner Geburtstagsfeier vor drei Wochen hatte er Lina sein Lieblings-Ninjabuch gezeigt. Es war eine ganz besondere Feier gewesen. Mama hatte das Wohnzimmer mit schwarzen und roten Tüchern geschmückt. Überall hingen Ninja-Sterne aus goldenem Papier, und in der Ecke stand eine selbstgebaute „Trainingsarena“ aus Kissen und Decken. „Ein echter Ninja-Geburtstag für meinen Ninja-Meister!“, hatte Mama gesagt und Elia durch die Luft gewirbelt. Es war ein kleiner Geburtstag gewesen – nur Lina und Franz waren eingeladen. Franz war der Sohn von Monica, Papas neuer Freundin. Elia mochte Franz sehr. Er war ein Jahr älter, konnte schon lesen und hatte Elia beigebracht, wie man den perfekten Popo-Tanz macht. Papa war auch zur Feier gekommen und hatte eine riesige Ninja-Figur aus Pappe mitgebracht, die jetzt in Elias Zimmer stand. Als Lina mit ihrem Geschenk gekommen war, hatte Elia vor Aufregung kaum sprechen können. „Das ist für dich“, hatte sie gesagt und ihm ein Paket in Superhelden-Papier überreicht. Darin war ein Buch über seinen Lieblingshelden gewesen – genau das, was er sich gewünscht hatte. „Woher wusstest du das?“, hatte er gefragt, und seine Stimme klang ein bisschen höher als sonst. Lina hatte gelacht. „Du hast in der Pause immer von ihm erzählt, und dein Brotdosenaufkleber ist auch von ihm.“ Elia war beeindruckt gewesen. Lina hatte zugehört und sich gemerkt, was er mochte. Sie hatten den ganzen Nachmittag Ninja-Training gespielt. Mama hatte kleine Aufgaben vorbereitet: über Schnüre springen, ohne sie zu berühren, mit verbundenen Augen Gegenstände ertasten und Ninja-Sterne (aus Papier natürlich) auf Zielscheiben werfen. „Ninja-Meister müssen auch gut zuhören können“, hatte Mama beim Abendessen gesagt. „Genau wie du, Elia.“ Lina hatte genickt. „Das ist Elias Superkraft.“ Und da war es wieder gewesen – dieses Kribbeln im Bauch. „Elia? Träumst du?“ Frau Albatros‘ Stimme holte ihn zurück in die Gegenwart. „Entschuldigung“, murmelte er und verteilte schnell die restlichen Hefte. In der Pause saß Elia auf der Bank am Klettergerüst. Er kaute an seinem Apfel und beobachtete, wie Lina mit anderen Mädchen Seilspringen spielte. Sie konnte schon zehn Sprünge hintereinander machen, ohne zu stolpern. „Kann ich mich zu dir setzen?“, fragte plötzlich eine Stimme neben ihm. Es war Tim, sein bester Freund aus der Nachbarklasse. „Klar“, sagte Elia und rutschte zur Seite. Tim biss in sein Käsebrot und kaute nachdenklich. „Du schaust schon wieder zu Lina“, stellte er fest. Elia spürte, wie seine Wangen heiß wurden. „Nein, ich… ich schaue nur zum Klettergerüst.“ Tim grinste. „Ist schon okay. Ich finde Sophia aus meiner Klasse auch toll.“ „Wirklich?“ „Ja, aber ich trau mich nicht, mit ihr zu reden.“ Tim zuckte mit den Schultern. „Das ist schwierig.“ Elia nickte. Er verstand das gut. Obwohl er mit Lina auf seinem Geburtstag gespielt hatte und sie manchmal in der Klasse miteinander redeten, fühlte er sich trotzdem immer ein bisschen durcheinander, wenn sie in der Nähe war. Als hätte sein Kopf plötzlich vergessen, wie man normal spricht. „Weißt du“, sagte Tim und wickelte die Folie um sein Brot, „mein Papa sagt, dass man sich manchmal komisch fühlt, wenn man jemanden besonders gern hat. Das ist normal.“ „Hast du auch Schmetterlinge im Bauch?“, fragte Elia leise. „Schmetterlinge?“ „Ja, so ein Kribbeln, hier.“ Elia zeigte auf seinen Bauch. Tim überlegte. „Ich glaube schon. Es fühlt sich an, als ob man aufgeregt ist, obwohl gar nichts Aufregendes passiert, oder?“ Elia nickte heftig. Genau so war es. Die Pausenglocke läutete, und Tim stand auf. „Wir sehen uns morgen beim Fußball?“ Elia winkte ihm nach und dachte über ihre Unterhaltung nach. Es war beruhigend zu wissen, dass Tim ähnliche Gefühle hatte. Vielleicht war es doch nicht so seltsam. Als er zurück ins Klassenzimmer ging, entdeckte er etwas auf seinem Tisch: eine kleine Zeichnung. Darauf war ein Ninja zu sehen, der einen Stern in der Hand hielt. Daneben stand ein Mädchen mit kurzen Haaren. Elia erkannte sofort, dass es Lina war, die das gemalt hatte. Die Schmetterlinge in seinem Bauch begannen zu tanzen, und zum ersten Mal dachte Elia: „Ich glaube, ich bin in Lina verliebt.“ Er faltete die Zeichnung sorgfältig zusammen und steckte sie in seine Hosentasche, wie einen kostbaren Schatz. Dann ging er zu Lina hinüber. „Danke für die Zeichnung“, sagte er schüchtern. „Spielst du heute Mittag mit mir im Hort? Wir könnten Ninjas spielen.“ Lina lächelte. „Ja, gerne. Ich bin die Ninja-Prinzessin und du bist der Ninja-Meister.“ Während er zu seinem Platz zurückging, überlegte er, was das wohl bedeutete – verliebt zu sein. Es fühlte sich schön an, aber auch ein bisschen gruselig. Wie wenn man auf dem höchsten Punkt der Schaukel ist – man schwebt für einen Moment, bevor es wieder nach unten geht. Aufregend und ein bisschen unheimlich zugleich. Am Freitag würde er zu Papa fahren und Franz wiedersehen. Vielleicht konnte Franz ihm mehr über dieses seltsame Gefühl erzählen. Und vielleicht würde Franz ihm noch mehr tolle Tänze beibringen. Kapitel 3: Der Mut wächst Elia lag auf seinem Bett und starrte an die Decke. Über ihm klebten leuchtende Sterne, die Papa ihm zum letzten Geburtstag geschenkt hatte. Im Dunkeln würden sie später grün leuchten. Elia seufzte. Seit zwei Wochen spielte er fast jeden Tag mit Lina im Hort. Sie waren abwechselnd Ninja-Meister und Ninja-Prinzessin, kletterten über die Spielgeräte und retteten die Welt vor unsichtbaren Bösewichten. Lina war viel mutiger als er. Sie sprang von der höchsten Stufe des Klettergerüsts und konnte schneller rennen als die meisten Jungen. „Ich glaube, ich mag Lina wirklich sehr“, flüsterte Elia zu seinem Lieblingskuscheltier, einem etwas abgenutzten Plüschbären namens Bruno. Bruno schaute ihn mit seinen Knopfaugen an, als würde er verstehen. „Aber wie sagt man jemandem, dass man ihn gern hat? Was ist, wenn sie dann nicht mehr meine Freundin sein will?“ Die Gedanken in seinem Kopf drehten sich wie ein Karussell. Morgen würde er zu Papa und Monica fahren und dort das Wochenende verbringen. Franz würde auch da sein. Vielleicht konnte Franz ihm einen Rat geben? Immerhin war er schon sieben und ging in die zweite Klasse. Mama klopfte an die Tür. „Elia? Magst du zum Abendessen kommen? Es gibt Nudeln mit deiner Lieblingssoße.“ „Ich komme!“, rief Elia und legte Bruno vorsichtig auf sein Kissen. „Wünsch mir Glück für morgen“, flüsterte er dem Bären zu. „Papa! Franz!“ Elia rannte die Treppe zu Papas Wohnung hinauf, den Rucksack auf dem Rücken hüpfend. Papa stand in der Tür und breitete seine Arme aus. „Da ist ja mein kleiner Ninja!“ Er wirbelte Elia durch die Luft, bis ihm schwindelig wurde. In der Wohnung duftete es nach frisch gebackenen Keksen. Monica kam aus der Küche und umarmte Elia. „Schön, dass du da bist. Franz wartet schon auf dich.“ Franz saß im Wohnzimmer und baute eine riesige Ritterburg aus Lego. Als er Elia sah, sprang er auf. „Endlich bist du da! Ich habe neue Ninja-Figuren bekommen. Willst du sie sehen?“ Elia nickte begeistert. Die beiden Jungen verschwanden in Franz‘ Zimmer, und bald waren sie in eine wilde Ninja-Schlacht vertieft. Erst beim Abendessen, als Papa und Monica einen Film schauten und die Jungen in Franz‘ Zimmer spielten, traute sich Elia zu fragen. „Franz?“, begann er zögerlich und drehte eine Ninja-Figur in seinen Händen. „Ja?“ „Weißt du… wie man jemandem sagt, dass man ihn besonders gern hat?“ Franz legte den Baustein weg, den er gerade in der Hand hielt. „Meinst du, wie man jemanden fragt, ob er mit einem befreundet sein will?“ Elia schüttelte den Kopf. „Nein, mehr so… wenn man jemanden sehr, sehr gern hat. So wie Mama und Papa sich früher gern hatten.“ „Oooh“, machte Franz und grinste breit. „Du bist verliebt!“ Elia spürte, wie seine Wangen heiß wurden. Er nickte kaum merklich. „Ist es Lina?“, fragte Franz. Elias Augen wurden groß. „Woher weißt du das?“ Franz zuckte mit den Schultern. „Du hast auf deinem Geburtstag die ganze Zeit mit ihr gespielt und sie immer angeschaut.“ Elia seufzte. „Ja, es ist Lina. Ich… ich mag ihre Haare und wie sie lacht. Und sie ist so mutig. Aber ich weiß nicht, wie ich ihr das sagen soll.“ Franz rutschte näher zu ihm. „Also, meine Mama sagt immer, dass ehrlich sein am besten ist. Du könntest ihr einfach sagen, dass du sie magst.“ Elia schüttelte heftig den Kopf. „Das ist zu schwer! Was ist, wenn sie dann nicht mehr mit mir spielen will?“ Franz überlegte einen Moment. „Dann mach ihr etwas Besonderes. Ein Geschenk oder so.“ „Ein Geschenk…“ Elia dachte nach. Was könnte er Lina schenken? „Oder zeig ihr etwas, was du besonders gut kannst“, schlug Franz vor. „Letztes Jahr hat ein Junge aus meiner Klasse einem Mädchen gezeigt, wie man einen Handstand macht. Das fand sie cool.“ Elia runzelte die Stirn. „Ich kann keinen Handstand.“ „Aber du kannst andere Sachen“, sagte Franz. „Du kannst gut zeichnen. Oder…“, sein Gesicht hellte sich auf, „wir könnten dir den Super-Popo-Tanz beibringen!“ „Den was?“ „Den Super-Popo-Tanz! Das ist noch besser als der normale Popo-Tanz. Damit bringst du alle zum Lachen.“ Franz sprang auf und begann, wild mit seinem Hintern zu wackeln, während er seine Arme wie Windmühlenflügel kreisen ließ. Elia lachte so laut, dass Papa an die Tür klopfte, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Als sie später im Bett lagen – Elia auf einer Matratze neben Franz‘ Bett – flüsterte Franz im Dunkeln: „Weißt du was? Du solltest Lina einfach fragen, ob sie deine Freundin sein will. Meine Mama sagt, manchmal muss man mutig sein, auch wenn man Angst hat.“ „Und wenn sie Nein sagt?“, fragte Elia leise. Franz war einen Moment still. „Dann bist du trotzdem mutig gewesen. Und das ist eine Ninja-Superkraft.“ Mit diesem Gedanken schlief Elia ein. In seinen Träumen rettete er als mutiger Ninja-Meister eine Prinzessin mit kurzen braunen Haaren. Kapitel 4: Der große Moment Elia saß auf seinem Platz und spürte, wie sein Herz schneller schlug. Die Mappe mit seiner Zeichnung lag auf seinem Schoß, sorgfältig zwischen seinen Händen gehalten. Heute war der Tag. Heute würde er Lina sagen, was er für sie fühlte. Er hatte sich alles genau überlegt. In der Pause, wenn alle draußen spielten, würde er sie zur Seite nehmen und ihr das Bild mit dem kleinen Brief geben. Es war ein schöner Plan – zumindest in seinem Kopf. Aber jetzt, da der Moment näher rückte, fühlte sich sein Bauch an, als wäre er ein Luftballon, der viel zu prall aufgepumpt war. Die Minuten krochen dahin. Dann läutete es zur Pause. Elia nahm einen tiefen Atemzug und stand langsam auf. „Alles okay?“ Tim schaute ihn fragend an. Elia nickte, obwohl es nicht ganz stimmte. „Ich muss noch was erledigen.“ Er hielt die Mappe fest in den Händen, als er durch das Klassenzimmer ging. Lina stand beim Fenster, lachte mit zwei anderen Mädchen. Ihr Lachen war wie kleine Glocken, die in der Luft klingelten. *Jetzt oder nie.* Elia schluckte und ging auf sie zu. „Lina? Kann ich kurz mit dir reden?“ Lina schaute ihn überrascht an. „Klar.“ Die anderen Mädchen grinsten und liefen kichernd weg. Elia spürte, wie sein Gesicht warm wurde. „Ähm… Hier.“ Er hielt ihr die Mappe hin. „Das ist für dich.“ Lina nahm sie vorsichtig und öffnete sie. Ihr Blick wanderte über die Zeichnung – den Ninja-Meister und die Ninja-Prinzessin, den Regenbogen, die vielen Sterne. Dann las sie den kleinen Brief. Elia konnte sehen, wie ihre Augen von Wort zu Wort glitten. Sein Herz hämmerte so laut, dass er fürchtete, sie könnte es hören. Lina schwieg einen Moment. Dann hob sie den Kopf. „Oh… Elia. Das ist wirklich schön.“ Sie lächelte, aber es war nicht das strahlende Lächeln, das er sich erhofft hatte. Es war ein freundliches, aber unsicheres Lächeln. Elia fühlte, wie sein Magen einen Knoten machte. „Aber…“ Lina drehte das Papier langsam in ihren Händen. „Ich mag dich sehr, Elia. Wirklich. Aber… ich glaube, ich bin in Linus verliebt.“ *Bumm.* Es fühlte sich an, als hätte jemand einen schweren Stein in seinen Bauch gelegt. Die Schmetterlinge, die sonst immer wild herumflatterten, waren auf einen Schlag verschwunden. „Oh.“ Mehr brachte er nicht heraus. Lina schaute ihn an, als wollte sie etwas Tröstendes sagen, aber sie schwieg. „Ich… ähm… ich muss kurz weg.“ Bevor sie noch etwas sagen konnte, drehte er sich um und lief los. Seine Füße trugen ihn weg von der Schule, weg von Lina, weg von allem. Er wusste nicht genau, wohin – er wusste nur, dass er nicht wollte, dass jemand sah, wie seine Augen plötzlich brannten. Er versteckte sich hinter dem Klettergerüst und ließ sich auf den Boden sinken. Sein Herz schlug immer noch schnell, aber es fühlte sich schwer an. *Also so fühlte es sich an, wenn man traurig verliebt war.* Er zog die Knie an und legte seinen Kopf darauf. Der Wind strich sanft über sein Haar, aber das half nicht. Nichts half gerade. *Und jetzt?* Er wusste es nicht. Aber eins war sicher: Das hier tat weh. Kapitel 5: Die Traurigkeit Elia saß hinter dem Klettergerüst und starrte auf seine Schuhe. Der Knoten in seinem Bauch wurde nicht kleiner, eher größer. Sein Herz pochte immer noch schnell, aber nicht vor Aufregung – sondern weil es sich anfühlte, als wäre etwas Schweres darauf gefallen. Er versuchte, nicht zu weinen. Siebenjährige weinen doch nicht wegen sowas, oder? Aber warum fühlte es sich dann an, als würde ein ganzer Ozean in ihm wogen? In der Ferne hörte er Kinder lachen und rufen. Irgendwo plätscherte der Springbrunnen auf dem Schulhof. Alles war wie immer. Nur für ihn nicht. „Da bist du ja.“ Elia zuckte zusammen. Tim stand vor ihm und sah ihn fragend an. „Ich hab dich gesucht“, sagte er und setzte sich neben ihn. „Was ist los?“ Elia schüttelte den Kopf. „Nichts.“ Tim zog die Augenbrauen hoch. „Na klar. Du sitzt hier allein und guckst, als hättest du einen sauren Apfel gegessen.“ Elia seufzte. Sollte er es ihm sagen? Es fühlte sich komisch an, darüber zu reden. Und trotzdem – vielleicht würde es helfen? „Ich hab Lina gesagt, dass ich sie mag“, murmelte er schließlich. Tim riss die Augen auf. „Und? Was hat sie gesagt?“ Elia zuckte mit den Schultern. „Dass sie in Linus verliebt ist.“ Tim machte ein Geräusch, als hätte er sich auf die Zunge gebissen. „Autsch.“ Elia nickte. Ja, genau so fühlte es sich an. Sie schwiegen eine Weile. Die Pause neigte sich dem Ende zu, doch Elia wollte nicht zurück ins Klassenzimmer. Nicht jetzt. „Weißt du“, sagte Tim plötzlich, „Sophia mag mich auch nicht so, wie ich sie mag.“ Elia drehte den Kopf. „Echt?“ Tim nickte. „Ich hab ihr vor ein paar Wochen einen coolen Radiergummi geschenkt. Mit einem Fußball drauf. Und sie hat gesagt: Danke, Tim. Aber dann hat sie einfach weiter mit den anderen Mädchen gespielt.“ „Hat das auch wehgetan?“ Tim dachte nach. „Ja. Aber nur ein bisschen. Dann ging’s wieder.“ Elia seufzte. „Bei mir fühlt es sich an, als hätte ich einen Stein im Bauch.“ Tim kratzte sich am Kopf. „Vielleicht musst du warten, bis der Stein kleiner wird.“ Elia schwieg. *Warten*. Ob das wirklich half? Die Pausenglocke läutete, und Tim stand auf. „Kommst du?“ Elia wollte eigentlich Nein sagen. Aber dann dachte er an Frau Albatros, die sicher gleich fragen würde, wo er geblieben war. A

Elia

sensitive, and brave. Elia often daydreams and enjoys fantasy worlds, such as ninjas and superheroes. He struggles with his parents' divorce and adjusts to a new routine, switching between his mother's and father's homes. He develops a close friendship with Tim and begins to develop feelings for Lina, a classmate. Despite setbacks, like revealing his feelings to Lina and facing rejection, he remains determined.

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Dad (Father)

currently living in a separate home from Mom. He is loving, playful, and understanding. Dad enjoys spending time with Elia and engages in fun activities with him, such as throwing ninja stars. He tries to make sense of Elia's emotions after Lina's rejection but remains supportive and reassuring.

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Franz

kindhearted, and humorous. Franz shares a close bond with Elia and enjoys engaging in playful activities with him, such as the Super Butt Dance. He provides advice to Elia after his encounter with Lina, offering support and trying to make Elia smile despite his sadness.

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Elia saß am Fenster und beobachtete, wie die Regentropfen die Scheibe hinunterrasten wie kleine Rennfahrer.
Mit seinem Finger folgte er dem Weg eines besonders dicken Tropfens.
„Du gewinnst,“ flüsterte er, als der Wassertropfen zuerst den Boden erreichte.
Elia war sieben Jahre alt, mit blondem Haar, das manchmal in seine strahlend blauen Augen fiel, und einem ruhigen Wesen, das oft die Erwachsenen überraschte.
"Elia, kommst du? Wir müssen zur Schule gehen!" rief Mama aus der Küche.
Es war Montag, und am Freitag würde er wieder zu Papas Wohnung wechseln.
Seine Eltern lebten nicht mehr zusammen, und Elia pendelte jede Woche zwischen zwei Zuhause hin und her.
Es war manchmal ermüdend, aber er hatte sich daran gewöhnt.
Beide Wohnungen hatten ein gemütliches Zimmer für ihn, gefüllt mit Büchern und seinen Lieblingsbildern an der Wand.
"Ich komme!" antwortete Elia und schnappte sich seinen Schulranzen.
Er hatte alles sorgfältig gepackt—seine Federtasche, seine Sporttasche und sein Ninja-Notizbuch, in dem er manchmal während der Pause Geschichten zeichnete.
Echte Ninjas brauchten keine Worte; sie konnten Geschichten erzählen, selbst ohne Buchstaben.
Das war praktisch, denn das Lesen fiel ihm immer noch schwer.
Die Ninja-Prinzessin
Aber Frau Albatros hatte gesagt, dass das normal sei und jedes Kind sein eigenes Tempo habe.
In der Schule hing Elia seine Jacke an den Haken mit seinem Namen.
Die ersten Wochen waren alles andere als einfach.
Er hatte hohe Erwartungen an sich selbst und war enttäuscht, als die Dinge nicht sofort klappen wollten.
Zusätzlich hatte er erfahren, dass nicht alle Kinder, die freundlich taten, auch echte Freunde waren.
Das hatte ihn traurig gemacht.
"Elia, bist du bereit für die Montagsrunde?" fragte Frau Albatros, seine Klassenlehrerin, mit einem warmen Lächeln.
In der Montagsrunde erzählten alle Kinder, was sie am Wochenende gemacht hatten.
Elia dachte immer darüber nach, was er sagen wollte.
Er war gut mit Worten und verwendete manchmal Ausdrücke, die seiner Lehrerin ein Lächeln ins Gesicht zauberten, weil sie so „erwachsen“ klangen.
Die Ninja-Prinzessin
Die Kinder saßen im Kreis auf der bunten Matte, als Elia leise den Raum betrat.
Er atmete tief ein, bereit, sein Wochenendabenteuer mit der Klasse zu teilen.
"Elia, möchtest du uns erzählen, was du am Wochenende gemacht hast?" fragte Frau Albatross.
„Gestern war ich bei meinem Papa zu Hause. Wir sind in den großen Park mit dem Ententeich gegangen“, begann Elia, seine Augen funkelten vor Aufregung.
"Wir übersprangen Steine auf dem Wasser."
Er demonstrierte die Bewegung seines Handgelenks, und mehrere Kinder lehnten sich neugierig nach vorne.
„Ich kann dir zeigen, wie man es macht“, bot er an, seine Stimme war voller Begeisterung.
„Zuerst suchst du dir einen flachen Stein. Dann hältst du ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und schnippst ihn nach vorne.“
Elia demonstrierte die Bewegung, und einige Kinder kicherten beim Geräusch des imaginären Spritzers.
„Das hat mir mein Papa beigebracht. Er ist wirklich gut darin, Steine zu überspringen“, fügte er stolz hinzu.
„Ich habe es geschafft, einen viermal zu überspringen!“
„Elia rief aus, sein Gesicht erleuchtete sich.“
Die Ninja-Prinzessin
„Und dann haben wir einer Entenfamilie Futter gegeben. Es gab zwei große und drei kleine.“
Während er sprach, warf er einen Blick in den Kreis und traf Linas Augen.
Sie beobachtete ihn aufmerksam von der anderen Seite des Raumes.
Elia fühlte, wie sein Herz für einen Moment einen Schlag aussetzte, bevor er weitermachte.
Lina hob ihre Hand, ein neugieriger Ausdruck auf ihrem Gesicht.
Die Ninja-Prinzessin
„Hast du die Ente mit der blauen Feder gesehen? Meine Mama sagt, sie ist etwas Besonderes,“ fragte sie, ihre Stimme sanft, aber voller Vorfreude.
Elia nickte, seine Augen weiteten sich. „Ja, mein Papa hat gesagt, dass es Glück bringt, wenn man es sieht,“ antwortete er und verspürte ein Kribbeln der Aufregung über das geteilte Geheimnis.